7. September 2012_Wetzlar. War das Fassadenprogramm der Altstadt ein Motor für die weitere Stadtentwicklung? Dieser Frage stellten sich Anfang September elf Gesprächspartner vor 50 Gästen in einer Podiumsdiskussion im Neuen Rathaus. Mit dem vor dem Hessentag ausgeschriebene Fassadenprogramm wurden etwa 140 Maßnahmen mit höchstens 5.000 Euro gefördert. Die Stadt stellte 495.000 Euro zur Verfügung und konnte, laut Angaben aus dem Planungs- und Hochbauamt, Sanierungsmaßnahmen im Gesamtwert von über zwei Millionen Euro generieren. Die privaten Bauherren hätten die Fassadensanierung ausgeweitet, energetisch saniert und nachhaltig über den Hessentag hinaus das Stadtbild verbessert, was auch dem Einzelhandel in der Altstadt zugute gekommen sei. Das bestätigten auch die Zahlen aus der Tourist-Information, die in diesem Juli ein paar tausend Besucher mehr in Wetzlar zählen konnten, als vor dem Hessentag. Dass sich Synergieeffekte ergeben, zeigt das Beispiel der Bauherrin Dr. Nicola Herchenhein. Sie hat für die Sanierung ihres Fachwerkhauses am Eingang zur Altstadt das Förderprogramm zum Anlass genommen, um zeitnah zu Sanieren, insgesamt habe sie zwei Prozent Fördermittel zur Gesamtinvestition erhalten. „Ich hätte auch ohne Förderung das Haus saniert, aber nicht so schnell“, betonte die Betriebswirtin und lobte die Unterstützung seitens der Stadt und der Denkmalbehörde. In der Veranstaltung, die Rahmen der Fachwerktriennale 2012 stattfand, betonte Harald Semmler, Dezernent Bauwesen, Liegenschaften und Wirtschaftsförderung der Stadt Wetzlar, dass „die Altstadt wurde aktiv belebt, Wohn- und Lebensqualität sind gestiegen.“ Dabei blieben Bauherren, Bauamt und Handwerkern vom Einreichen der Bau- und Förderanträge bis zum Abrechnungsschluss, dem 31. Mai, für etwa 120 Projekte nur wenige Monate Zeit. Malermeister Klaus Wilhelm Hedrich, der für die Handwerkerschaft auf dem Podium saß, berichtete von einer guten Zusammenarbeit innerhalb der verschiedenen Gewerke. Ein fehlendes Farbkataster wurde von ihm bemängelt, das wäre für zukünftige Programme eine große Hilfe, so der Malermeister. Doch in der Eile und mit dem Hessentag im Blick blieb oftmals keine Zeit für derlei Details. Prof. Manfred Gerner, Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e. V., wies darauf hin, dass es noch einigen Handlungsbedarf gäbe. Quartierslösungen müssten her. „Die Bürger brauchen Plätze und Grünflächen und vor allem bezahlbare Energie“, so Prof. Gerner. Man solle gemeinsam mit den Fachwerkhausbesitzern methodische Lösungen herbeiführen. Dabei könne auch der Triennaleteilnehmer Wolfhagen bei Kassel behilflich sein, wo Stadt, Energieversorger, Bürger und Fachinstitute daran arbeiten, die energetische Gebäudesanierung, vernetzte Energieversorgung und die Elektromobilität auszubauen. Dr. Uwe Ferber, der die Moderation übernahm und „nach dem Haar in der Suppe“ suchte, bekam von Karin Kuhn, Haus und Grund Wetzlar, ein solches präsentiert. Obwohl sie mit dem Fassadenprogramm zufrieden war, müsse es noch in weitere Stadtteile kommen und die Förderung auch für Denkmale möglich sein, die nicht im Fördergebiet liegen. Karin Kuhn wurde ein Förderantrag aus diesem Grund abgelehnt. Im Ergebnis waren sich Podium und Gäste einig, dass mit kleinen Fördersummen die Fachwerkinstandsetzung nur angeschoben wurde. Wie weit die Unterstützung bei der Sanierung gehen soll, blieb umstritten. Dafür sollten Informationen gebündelt zur Verfügung stehen, Bürger bei der Schaffung von Wohnraum in der Altstadt unterstützt werden und die gesetzlichen Regelungen für einen gesunden Bestandsschutz erleichtert werden. „Die Stadt, das sind wir alle“, sagte Prof. Gerner zum Abschluss, die Stadtverwaltung müsse als Dienstleister auftreten, damit die Bürger handeln könnten.