20. Oktober 2012_Wanfried. Es ist ein tragbares Konzept für kleine Kommunen. Liebevoll, leidenschaftlich, erfolgreich und urban. Dies waren Aussagen über die Arbeit der Bürgergruppe für den Erhalt Wanfrieder Häuser. Während der Fachwerktriennale 12 am vergangenen Samstag im Bürgersaal des Hotels Zum Schwan stellte sich die zwölfköpfige Bürgergruppe den 40 Fachleuten und Mitstreitern in Sachen Fachwerkerhaltung. Trotz bestehender Transparenz und Prominenz konnten die Gruppenmitglieder die Gäste mit der Präsentation des Fachwerkmusterhauses nach der offiziellen Schlüsselübergabe noch überraschen. Neben dem Vermarktungserfolg steht nun das qualitativ hochwertige Musterhaus als Informationszentrum jedermann offen. „Dafür wurde hart gearbeitet, die Baustoffhersteller, Handwerker und einige Wanfrieder Bürger unterstützten die Gruppe, damit das Musterhaus heute präsentiert werden kann“, so Bürgermeister Wilhelm Gebhard.
Prof. Manfred Gerner, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e. V., sieht „große Chancen, im Musterhaus mit vielen Gruppen Dialoge zu führen.“ Der Wanfrieder Erfolg habe sich herumgesprochen, jetzt solle man die Erfahrungen weitergeben. Bürgergruppenschulungen, Erfahrungsaustausch, Seminare und die Zusammenarbeit mit dem Fachwerkzentrum Fulda solle man vorantreiben.
Bürgermeister und Bürgergruppensprecher Jürgen Rödiger stellten die vielen Arbeitsbereiche der Gruppe vor, deren Mitglieder aus Architekten, Mediziner, Zimmermeister, Berufsschullehrer, Finanzfachmann, Rechtsanwalt und dem Bürgermeister bestehen. „Jeder arbeitet hier ehrenamtlich“, so der Bürgermeister.
Dessen Amtskollege, Frank Hix aus Bad Sooden-Allendorf, beglückwünschte Wanfried zu diesem Erfolg. In seiner Stadt ging, nach einer Informationsveranstaltung der Wanfrieder Bürgergruppe, ebenfalls eine ehrenamtliche Gruppen an den Start. „Das Modell ist übertragbar“, so Hix.
Vom Büro Urbanizers aus Berlin war Dr. Gregor Langenbrinck nach Wanfried gereist. Nachdem die Gruppe vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung direkt mit Fördermitteln für Öffentlichkeitsarbeit bedacht wurden, ist er für die Fördermittelverwendung zuständig. „Ich bin begeistert“, sagte er. Hier würden Baukultur und Qualität gesichert, dieses Modell und das Wissen müsse weitergegeben werden. Das Zusammenspiel von Verwaltung und Bürgern sei beispielhaft und besonders. „Wanfried kann als Modellkommune einen Beitrag zur Nationalen Stadtentwicklung leisten“, so Dr. Langenbrinck. Dazu sollten regelmäßige Informationsveranstaltungen für Kommunalpolitiker, Verwaltungen und Handwerker stattfinden. Mit dem Informationszentrum Fachwerkmusterhaus ist das in Zukunft sicher möglich.
Wanfried ist eines von 98 Pilotprojekten aus 67 Städten. Insgesamt werden dort 3,1 Milliarden Euro investiert, 45.000 Euro erhielt die Bürgergruppe für ihre Öffentlichkeitsarbeit. „Wanfried bewegt sich in einem exklusiven Kreis von innovativen und beispielhaften Projekten“, sagte Dr. Langenbrinck, man müsse jetzt verstärkt Interesse schaffen, weitere Bürger motivieren und befähigen, Wissen weiter zu geben.
Mit dem Musterhaus geht die Bürgergruppe ab jetzt ganz neue Wege. Dort werden in Zukunft die Kaufinteressenten empfangen, von dort aus geht es auf zum Stadtrundgang und den Häusern, die einen neuen Besitzer suchen. Der Fachwerkbesitzer erhält im Musterhaus von den Mitgliedern der Gruppe detaillierte Informationen über sinnvolle Sanierungsmaßnahmen, außerdem gibt es Handwerkerempfehlungen und Tipps über das Leben in der nordhessischen Kleinstadt. Handwerkern, Architekten und Stadtverwaltungen bietet die versierte Gruppe Schulungen an, sie beteiligen sich am Projekt der Universität Kassel, die gerade prüft, ob Wanfried das Zeug für eine „slow city“ hat. Und damit das Ganze von Nachhaltigkeit gekrönt ist, werden Schüler und Jugendgruppen in Zukunft verstärkt angesprochen, damit auch ihnen klar wird, was Fachwerk und eine Fachwerkstadt alles bieten. Die Teilnahme an der Fachwerktriennale 12 war ein Motor für die Gruppe und die Stadt, bis zur Triennale 15 wird sich die Stadt sicher weiter entwickeln.