0104 Leipzig. Wenn er durch die Gänge der Messehalle geht, kommt er meist nicht weit. Immer wieder wird Prof. Manfred Gerner begrüßt, herbeigerufen oder aufgefordert, eines seiner Bücher mit einer persönlichen Widmung zu versehen. Und immer wieder nahm er sich dafür die Zeit, auf der denkmal in Leipzig, dem Treffpunkt aller Menschen, die etwas für die Erhaltung von Denkmalen tun.
Neben Denkmalpflegern, Fraunhofer-Institut, Baustoffherstellern, Handwerksbetrieben oder Softwareentwicklern, prägen die vielen Vertreter der CCEG, der Confederation Compagnonnages Europäischer Gesellenzünfte, dem Dachverband der Wandergesellen, das Bild der denkmal. Sie alle sind oder waren zünftig reisende Gesellen aus Frankreich und dem deutschsprachigen Raum, die unter der Leitung von Peter Schwarzbich immer auf der Messe vertreten sind. Einen Besuch stattet Prof. Gerner seinen Kollegen stets ab, und das nicht nur, weil sie für ihn immer auch einen Zimmermannsklatsch und ein kaltes Bier bereithalten. „Mir liegt daran, dieser Jahrhunderte lange Tradition Aufmerksamkeit zu schenken und dafür zu sorgen, dass die Wandergesellen als Teil der Pflege unseres kulturellen Fachwerkerbes wahrgenommen werden“, so Gerner. Der Tippelei und alles, was dazu gehört, hat Gerner bereits in vielen seiner Publikationen einen Platz eingeräumt, einige der Wandergesellen waren an Projekten beteiligt, die der Ehrenpräsident der ADF weltweit betreute. In den Gesprächen während der Messe wird über diese gemeinsamen Erlebnisse und über Fachwerk-Neuigkeiten aus aller Welt gesprochen.

Prof. Gerner und Rasha, der ZimmermeisterDie Holzkirche im russischen Kishi Pogost ist so ein Projekt. Eine große Delegation aus Russland war auf der Messe mit interessanten Informationen über die Restaurierungsarbeiten der 1714 erbauten Christi-Verklärungskirche vertreten. Videopräsentation, ein imposantes Modell des Kirchenbaues, der heute ein Freilichtmuseum ist sowie eine Auswahl von Holzarbeiten und Technik brachten sie mit. Architekten, Zimmermeister und Dolmetscher erklärten den Besuchern des Standes das Projekt, das auch von Prof. Manfred Gerner über Jahre hinweg betreut wurde. Er berichtet, dass die aus 700 Kubikmetern Fichten- und Kiefernholz gebaute Holzkonstruktion, bei der nicht ein Nagel verwandt wurde, eine 20-wände Kirche mit 21 Zwiebeltürmen ist. „Die sind mit Eschenschindeln gedeckt, jede einzelne ist handgefertigt“, erklärte Prof. Gerner, der sich ab den 1980er Jahren intensiv um dieses Monument der Holzbaukunst kümmerte und konstruktive Vorschläge zum Restaurierungsvorhaben machte. Er schulte die Zimmermeister und Gesellen vor Ort und initiierte die Gründung des Lehr- und Trainingszentrums für Holzarchitektur und deren Erhaltung in Kishi.
Am Stand der russischen Delegation traf er auf den russischen Zimmermeister Rasha aus Leningrad, mit dem er viele Monate an diesem Bau verbracht hatte. „An diesem Bau konnte und musste man althergebrachte Handwerkstechniken und Werkzeuge erforschen und einsetzen“, so Prof. Gerner, der die Baukunst der Zimmerer, die diese 35 Meter hohe Kirche bauten, noch immer bewundert und dem die Tatsache, dass die Restaurierungsarbeiten an diesem Weltkulturerbe aufgrund fehlender finanzieller Mittel ins Stocken geraten sind, Kopfzerbrechen bereitet. „Es muss dringend weitergearbeitet werden, um diese Kirche zu retten“, so Gerner, der dem Kollegen aus Russland dabei viel Erfolg wünschte. Als Geschenk überreichte er ihm das Buch „Deutsche Fachwerkstraße“ und schickte damit ein kleines Stück deutsche Baukultur auf die Reise nach Russland.