29. Juni 2012_Kirchheim unter Teck. Stadtentwicklung wird hier schon immer groß geschrieben. Die Stadt stellt sich ihrer Aufgabe an der Nahtstelle zwischen der Metropolregion Stuttgart und dem Biosphärenreservat Schwäbischen Alb. Tourismus und Einzelhandel sind sprudelnde Einkommensquellen, jetzt heißt es, diese Potentiale auszubauen und im Sinne einer pulsierenden Innenstadt umzusetzen. Ein Erlebnis- und Kulturzentrum, die Einbindung des Bahnhofbereichs oder der Bürgerpark in den einstigen Herrschaftsgärten sind Projekte, für deren Umsetzung Bürgermeister Günter Riemer einsteht. Doch das geht bei 40.000 Einwohnern nicht ohne Anstrengungen. „Private Grundstücke oder Gebäude, die umgenutzt oder in Projekte einbezogen werden sollen, sind schwierig zu integrieren“, sagte er während der Fachwerktriennale Ende Juni zu etwa 50 Gästen im Saal des Kornhauses. Im Detail sprach er den Bürgerpark an, in dem die Lauter wieder oberirdisch fließen soll, wo Bürger und Gäste einen Ort zum Entspannen finden können. „Genau da gilt es die privaten Eigentümer vom Projekt zu überzeugen, erst wenn das gelungen ist, kann die Stadt mit der Umsetzung beginnen“, so der Bürgermeister.
Und auch Gernot Pohl setzt sich dafür ein. Der Stadtplaner will „die Innenstadt in ihren Funktionen verdichten und jedem Bürgerbedürfnis einen Ort anbieten“, wie er sagte. Dafür müssten die Grundstücke von der Stadt erworben werden, den Weg dazu schafft Pohl im direkten Gespräch mit den Bürgern. Unterstützung bekommt er von der Baader-Konzept GmbH aus Mannheim. Diese hat eigens für Kirchheim in Umfragen herausgefunden, dass die Bürger mehr Information zur Nutzung, Sanierung, Modernisierung, Förderung, Vermietung und Verpachtung seitens der Stadt wünschen. „Beratung ist hier Handlungsempfehlung“, sagte Markus Gonser von Baader-Konzept. „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ ist das Motto, und am Beispiel eines historischen Hauses im Altstadtkern zeigt sich, was alles möglich ist. Dort hat ein Privatmann eine Geothermiebohrung von 140 Metern unternommen und so erstmals die Erdwärme in die Altstadt gebracht.
Die Stadtplanung in Kirchheim orientiert sich an historischen Plänen. „Unsere Stadt war im August 1690 komplett niedergebrannt“, sagte die Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker, die auf den großen Stadtbrand verwies, bei dem 257 Gebäude nieder brannten, nur vier Gebäude, darunter das Kornhaus, blieben stehen. Die Stadt wurde neu geplant und kann nach dem Wiederaufbau mit wundervollen Straßenzügen und einer außergewöhnlichen Fachwerksubstanz glänzen, wovon sich der Gast bei einer Stadtführung mit einem Blick vom Rathausturm und einem Besuch im Museum überzeugen kann.
Prof. Manfred Gerner rät Kirchheim unter Teck und Bietigheim-Bissingen aufmerksam und zukunftssicher zu planen, obwohl beide nicht unter einem so starken finanziellen Druck stehen, wie die meisten Fachwerkstädte in Hessen, Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt. „Sie müssen alle Anstrengungen unternehmen, um im Wettbewerb der Städte bei demografischen Entwicklungen die Nase vorne zu behalten“, sagte er. Die beschlossenen oder schon verwirklichten Projekte seien gute Ansätze, Geothermievorhaben genauso nachhaltig und nachahmenswert, wie die Nahwärmeversorgung in Bietigheim-Bissingen. „Die Triennaleprojekte beider Städte tragen zur Bewusstseinsbildung und Stadtgestaltung bei“, so Gerner. Investitionen sicheren auch in Kirchheim die Wettbewerbsfähigkeit einer besonderen Fachwerkstadt.