21. Mai 2016_Herborn. Der Marktplatz vor dem Rathaus bot am Samstagvormittag einem Berufsstand eine besondere Bühne. Das Zimmererhandwerk, das Herborn zu der Fachwerkstadt macht, die heute noch zu bewundern ist, präsentierte sich auf dem Hessentag. Als gegen 6 Uhr am Morgen der LKW mit dem Bauholz in die Altstadt fuhr, begann für zwölf Zimmermeister, zwei Gesellen und fünf Lehrlinge ein Tagwerk, an dessen Ende ein ganzes Fachwerkhaus stehen sollte.
Tatkräftige Unterstützung bekam der Ideengeber und Konstrukteur, Prof. Dipl.-Ing. Manfred Gerner, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte aus Fulda, von der Zimmerer-Innung des Lahn-Dill-Kreises. Deren Obermeister Christian Sturm hatte seine Kollegen zu dieser Aktion am Hessentag zusammengerufen.
„Wir zimmern mit Hand und Verstand“, dieser Slogan passte zu der Aktion, bei der gezeigt wurde, wie die Fachwerkstadt Herborn einmal entstanden war. Nach alter Handwerkskunst wurden die Hölzer direkt am Bauplatz auf einer Zulage vorgelegt, dort wurden sie angezeichnet, als Zapfen geschnitten und Zapfenlöcher gestemmt wurden, flogen die Späne. Wand für Wand setzten die Zimmerer die Ständer, Streben und Riegel zusammen, Andreaskreuze und zwei handgeschnitzte Säulen entstanden unter den Augen tausender Gäste des Hessentages. Um 16.30 Uhr konnte der Holzbau, im Skelett und nur durch Holznägel verbunden, bewundert werden. Die Zimmerer unterbrachen ihr Tagwerk nur für ein kurzes Mittagessen, beim Richtfest am Abend hatten sie über zehn Stunden Arbeit hinter sich gebracht und als Lohn die Bewunderung der Herborner und ihrer Gäste bekommen.
Die Attraktion war das Anbringen des Richtbaumes, der Richtspruch durch Prof. Gerner und das Einschlagen des letzten Nagels durch Bürgermeister Hans Benner. Mit einem Zimmermannsklatsch und zünftigen Liedern wurde das Richtfest gemeinsam mit den Gästen auf dem Marktplatz gefeiert.
Herausragend beim Bau war der sechsjährige Philipp Sturm, Sohn des Obermeisters, der nicht nur wegen seiner Zimmererkluft bewundert wurde, sondern auch für seine enorme Arbeitsleistung. Über sechs Stunden schwang er das Klopfholz, stemmte Zapfenlöcher, war der zweite „Mann“ an der Bügelsäge oder er nahm sich den Besen zur Hand und fegte die Zulage. Er und alle anderen vollbrachten an diesem Tag eine wahre Meisterleistung. (dw)
Mit dabei waren: Prof. Dipl.-Ing. Manfred Gerner; Zimmermeister: Christian Sturm, Karl Heinz Ax, Ralf und Nico Ritter, Günter Russ, Andreas Döring, Manuel Dorndorf, Dominic Rumpf, Michael Grumbach, Alex Schüler, Ralf Dokter, Edmund Schmidt; Gesellen: Stefan Böttger, Manfred Gerner; Lehrlinge: Max Sturm, Thomas Schirmacher,
Marcel Schmidt, Hartmut Storek, Christian Langner (dw)