7. November 2012_Goslar. Diese Stadt hat ein hehres Ziel: der CO2-Ausstoß soll bis 2020 um 40 Prozent gesenkt werden. Das zu erreichen, können Heizungsanlagen optimiert, Häuser gedämmt und neue Wege zur Energieversorgung der Quartiere gegangen werden. Doch in der Stadt mit über 1.500 Fachwerkbauten in der Altstadt, die komplett zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, gibt es zahlreiche Hürden, die im Hinblick auf Energieeffizienz noch genommen werden müssen.
Energetische Stadtsanierung im Altstadtquartier war Thema der Fachwerktriennale-Veranstaltung, die Anfang November im Energie Campus Goslar stattfand. Durch die Beteiligten aus Ministerium, Forschungszentrum, Fraunhofer-Institut, Stadtverwaltung und Partnerstädten aus der Triennale 12 (Stade, Celle, Osterode, Wolfhagen und Einbeck) war die Arbeitstagung hochgradig besetzt, die Besichtigung eines Bergarbeiterhauses aus dem frühen 16. Jahrhundert, als Modellprojekt gefördert, war der Brückenschlag zum Bürger als wichtigstem Akteur beim Kampf gegen den Verfall historischer Bausubstanz. Auch wenn bei der Erhaltung des Goslarer Weltkulturerbes die herausragenden Denkmale der Kaiserpfalz und des Rammelsberges von zentraler Bedeutung sind, plädierten die Diskutanten für eine stärkere Unterstützung privater Fachwerkhäuser.
In Goslar stehen 2,5 Millionen Euro für die Erhaltung des Weltkulturerbes aus dem städtischen Haushalt bereit. Diese Zahl nannte Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk den 50 Zuhörern und betonte, „Investitionen machen die Stadt im Harz zukunftsfähig.“ Wie die Stadt an das Zukunftsthema herangeht, zeigt die Gründung des eigenständigen Fraunhofer-Institutes, dem Energie Campus, mit dem der Weg zur Moderne frei sei. Die Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e. V. (ADF) und dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration aus Hannover sei ebenfalls unverzichtbar.
Christian Kuthe bestätigte dies und begrüßte seitens des Ministeriums die Kooperation aller Akteure. Ein behutsamer ökologischer Umbau von Städten und Kommunen sei notwendig. Dazu stehen KfW-Programme, speziell auch auf Denkmale abgestimmt, zur Verfügung, energetische Stadtsanierungskonzepte, die Nahwärmenetze und Blockheizkraftwerke beinhalten und damit auch Quartierssanierung einfacher machten, sollen den Fachwerkhausbesitzer überzeugen, gemeinsam zu handeln.
Das Potential in Goslar ist groß. Die Verminderung des Energiebedarfs privater Haushalte bezifferte Dr. Christiane Bauer für die Stadt Goslar auf 29 Prozent, wenn Haustechnik und Dämmung optimiert würden. „Klimaschutz geht in Niedersachsen vor Denkmalschutz, das ist bereits gesetzlich verankert“, so Dr. Bauer. Solaranlagen auf der geschützten Dachlandschaft der Altstadt gibt es aber nicht, dafür stehen Gebäude im Hinterhof der Häuser bereit, unauffällig für das historische Stadtbild. Als Welterbestadt gibt es zudem noch die Pufferzone, die das Kerngebiet schützt. „Windkraft ist dort ausgeschlossen“, sagte Dr. Bauer, und auch die Photovoltaikanlage im Altstadtbereich sei kein Thema, schließlich könne die überall stehen und Strom einspeisen, so die UNESCO-Beauftragte.
„Anforderungen brauchen Lösungen“, sagte Prof. Manfred Gerner, Geschäftsführer der ADF. Goslar habe die Aufgabe seine Fachwerkhäuser für eine Millionen Tagesbesucher vorzuhalten, das gehe nur mit zukunftsweisender Stadtsanierung und in enger Zusammenarbeit mit jedem einzelnen Eigentümer, schließlich brauche jedes Gebäude eine individuelle Lösung.
Am Beispiel Beekstraße 16 wurde von den Eigentümern Wiebke und Nils Linneweber eine bedarfsgerechte Sanierung angegangen. Auf eine Außendämmung wurde trotz des bereits vorhandenen Schieferbehangs verzichtet, da es eine größere Aufbauhöhe und damit zur Veränderungen der Ansicht geführt hätte. Im Dach wurden Hanffaserdämmung, in den Wänden Multipor und Holzfaserdämmung verwendet. In Zusammenarbeit mit dem Verein „Goslar Energie“ werden Dämmung, Kastenfenster und eine Pelletheizung in Kombination mit Solarmodulen auf Effizienz und Denkmalverträglichkeit überprüft, die Erfahrungsberichte in einer Broschüre veröffentlicht. Die Bauherren zeigten sich mit den bislang umgesetzten Maßnahmen „sehr zufrieden“ und informieren andere gern über ihre Erfahrungen.
Goslar hat das Zeug dazu, sein gemeinsames Ziel zu erreichen. Dazu müssen die Energieeinsparung in der Stadtentwicklung fest verankert sein, alle Fördermittel ausgeschöpft und die Eigentümer bestmöglich beraten und unterstützt werden. Nur mit ihnen und durch sie kann das Ziel in 2020 erreicht werden.